Freiheit im Loslassen

Wie ein kaputter Computer mir die Kunst des Loslassens beibringt!

Vor ca. 2 Monaten bin ich einem Ruf gefolgt und habe meinen Rucksack gepackt um mich auf eine Reise zu begeben. Un mein Computer ist das Assesoir in meinem Gepaeck, was mich am gluecklichsten macht! Nun bin ich hier, in einem kleinen, verträumten Fischerdorf auf den Phillippinen, zwischen Ozean und der kraftvollen Oase des lebendigen Dschungels.

Das Leben im Paradies zeigt mir alle möglichen Sonnenseiten, einige Schattenseiten und vor allem bringt es mich dazu, etwas genauer ueber Buddhas grosse Worte ‘Attachment leads to suffering’ nach zu denken.

Non- Attachemnt ist ein grosses Ziel im Yoga. Mehr noch bildet Non-Attachement (Vairagya) gemeinsam mit der Uebung (abhyasa) den Grundbaustein, auf dem das Systhem des Yogas aufbaut (Yoga Sutra 1.12 – 1.16 ).

Die Faehigkeit, meinen Rucksack zu packen, fuer eine Weile alles hinter mir zu lassen, keine Angst vor dem zu haben was kommt und dem Wunsch zu Folgen, einen Schritt weiter in meiner Yogapraxis zu kommen, gab mir das Gefuehl, beide Haende frei zu haben, ungebunden zu sein und das Prinzip Abyasah und Vairagia verstanden und verinnerlicht zu haben.

Trotz paradiesischer Umgebung kam der Moment, an dem ich einen ganzen Tag lang wütend war, mich an einen Ort zurück wünschte, an dem ich auch tagsüber mein Handy aufladen kann, an dem meine Malas nicht anfangen zu schimmeln, an dem ich solange am Rechner sitzen kann, wie ich mag, an dem es Zartbitterschokolade gibt und Erdnussbutter ohne Zucker. Es war der Moment, in dem ich in meinen Anhaftungen baden ging ohne nach Luft zu schnappen!

Wie verursacht dieses Attachment, also das Anhaften an Besitz, Gefühlen, Denkmuster und Gewohnheiten tatsächlich Leiden?

Ein indisches Bildnis beschreibt die Problematik ziemlich genau: Um einen Affen zu fangen, gibst Du ihm eine Hand voll Nuesse in einem Behaelter mit einer schmalen Oeffnung. Der Affe, greift in den Behealter, greift nach den Nuessen und macht eine Faust und bekommt diese nicht mehr aus der Oeffnung. Wuerde er sich von den Nuessen loesen, waere er nicht laenger gefangen. Aber er laesst nicht los.
Die Moral dieser Geschichte: Loslassen liegt nicht unbedingt in unserer Natur, gleichzeitig führt Festhalten aber dazu, dass wir uns uns selbst gefangen halten, also leiden.

Tja, und was macht Loslassen so schwierig und Festhalten so einfach?
Hier in diesem abgelegenem, kleinen Fischerdoerfchen mittem im Dschungel gibt es nicht viel und doch alles, was ich brauche, um glücklicher denn je zu sein: Ein Platz der mir erlaubt, direkt nach dem Aufwachen ins Meer zu springen, ein Ort an dem ich mich vor lauter Gruen garnicht stattsehen kann, ein Ort an dem allein die frische Luft, ganz glücklich macht!

Alles schoen, waere da nicht die Tragoedie! Ich liebe meinen Computer, er verspricht mir Unabhängigkeit, Einkommen und sehr einfache Kommunikation! Und nun stehe ich da, an einem der schoensten Plaetze ueberhaupt und das Ding will einfach nicht funktionieren. Und da ist doch die Arbeit, die ich zu erledigen habe. Newsletter, Website, Flyer, Artikel, Kommunikation! Das soll ich jetzt alles nicht mehr machen koennen! Das geht nicht! AUFREGUNG! Nachdem der Rechner für eine Reparatur von Insel zu Insel flog, um dann genau einen Tag lang zu funktionieren, wuchs meine Aufregung in die Höhe und ich musste nachdenken.

Seit Anfang des Jahres beschäftige ich mich ausgiebig damit, mich von Dingen zu lösen, die mich nicht mehr nähren, ganz besonders von Gewohnheiten und Denkmustern. Und genau, das was ich dachte, bereits los gelassen zu haben, trifft mich hier wie einen Bliztschlag. (Entschuldige bitte, ich uebertreibe etwas…) Aber so bin ich es gewohnt unabhängig zu sein, selbst zu entscheiden, wann und wieviel ich arbeite, und mir geht es eben besser, wenn ich zu viel mache, als zu wenig! Wirklich?

Eigentlich nur genau solange, wie ich meine Gewohnheiten bedienen kann, machen sie mich gluecklich! Doch, wenn ich es mal nicht kann, ist grosses Unbehagen! Kennst du die Momente, in denen nichts mehr unter Kontrolle scheint, in denen Zeit einfach nicht ausreicht, in denen dein Lieblings- Schmuckstück verschwindet, das Telefon in die Toilette fällt, der Café alle ist oder ein liebster Mensch nicht mehr zu erreichen ist?

Ich kenne diese Momente nur allzu gut. Tauche ich in diesen Momenten zu sehr in die Dramatik ab, hat die Süße jener Augenblicke keine Chance mehr, erblickt zu werden. Festhalten gibt uns ein Gefuehl von Sicherheit, Kontrolle, wohingegen Loslassen wie ein Schritt ins Ungewisse ist. Und das Ungewisse ist besonders fuer Gewohnheitstiere manchmal gruselig. Um den Schritt trotzdem zu wagen, ist Vertrauen gefragt. Und so reicht eine Hand die andere: Um ein tiefes Vertrauen zu spueren, braucht es etwas Uebung: eine Praxis die uns das Loslassen beibringt: Vairagya und Abhyasa, die Grundbausteine des Yogas.

So habe ich die Tragik des Augenblicks genutzt um das Wunder darin zu sehen: schon lange träume ich davon fuer eine Weile am Meer zu sein, und mich fuer etwas länger ganz auf meine Yoga Praxis konzentrieren zu koennen. Also habe ich mich wieder beruhigt, mich in Akzeptanz geübt und freue mich über die besten Früchte der Welt, die schönsten Sonnenaufgänge, nächtlichen Mondschein beim nach Hause gehen, geniesse den Moment in dem ich realisiere, dass ich meinen Traum gerade lebe und danke den lieben Menschen, die mir ihren Computer zur Verfügung stellen!

Und noch was schoenes an dieser Geschichte: Ich habe nach ewig langer Zeit mal wieder zum Filzstift und Scheere gegriffen.

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Und hier fuenf Tips, die das Loslassen, etwas vereinfachen können:

1. Erlaube Dir wuetend, traurig, sauer und veraergert zu sein, fuer einen Moment jedenfalls!

2. Wenn es wieder ruhiger ist, schaue wo die Wurzel der Empfindung steckt.

3. Spiele alle Karten aus!

4. Übe Dich in Akzeptanz, Realismus und Pragmatik. Ist es wirklich so tragisch und dramatisch? Welche Moegichkeiten bleiben?

5. Tue Dir etwas gutes: Yoga, Massage, Tanzen, Singen!

Und nicht vergessen: Das Leben ist dazu da um es zu geniessen!